Tabletten und deren Herstellung
Die Tablette als Darreichungsform eines Lohnherstellers
Kennt man Tabletten auch außerhalb der Nahrungsergänzung oder Pharmazie ?
Presslinge in Tablettenform kommen selbstverständlich auch außerhalb des medizinischen Bereiches vor. Wir unterscheiden daher Arzneimitteltabletten und heilwirksame Kräuter-Lutschtabletten gegen Halsschmerzen aus dem Drogeriemarkt von anderen Presslingen, beispielsweise von
– Chlorella- und Spirulina-Tabletten
– Süßstofftabletten im Spender
– homöopathischen Verabreichungen in Tablettenform
– aromatischen Lutschpastillen mit reinem Naschwert
– Brennstofftabletten, beispielsweise für Campingkocher
– Brausetabletten, beispielsweise für Vitamine oder Mineralstoffe
– Brausetabletten mit duftenden oder hautwirksamen Ingredienzien für ein Wannenbad
– Chlortabletten, die im Schwimmbad zu Desinfektion eingesetzt werden
– Aktivkohle-Tabletten, die nicht in medizinischen Kontxten, sondern zu Reinigungszwecken genutzt werden
– Reinigungs-Tabs, beispielsweise für Zahnprothesen oder Kaffeeautomaten
– Entkalkungs-Tabs für Automaten, Spül- oder Waschmaschinen
– Tierfuttermittel in Tablettenform
– oder Sauerstofftabletten für Aquarien oder Gartenteiche.
Wie bei den medizinischen Tabletten auch, wird hier der wirksame Grundstoff mit Trägerstoffen und Hilfssubstanzen vermischt. Er wird zuvor fein vermahlen und anschließend zu Tabletten, länglichen Pellets, Kompretten, Geleekapseln und Kapletten verarbeitet. Die Tablettenform hat sich auch aufgrund ihrer preislichen Vorteile durchsetzen können. Man kann sie mit verlässlichem und standardisiertem Wirkstoffgehalt in großen Chargen herstellen. Tabletten lassen sich in Blistern, Beuteln, Gläsern oder Dosen gut verpacken. Die einzelne Tablette bleibt so sicher, geruchsneutral und trocken verwahrt. Sie kann bei Bedarf durch die gewählte Verpackung vor Licht, Temperaturschwankungen oder Umwelteinflüssen geschützt werden. Die Wirkstoffe in Tabletten sind ideal dosierbar. Die Einnahme oder Verwendung ist simpel.
Haben Tabletten unter bestimmten Umständen Nachteile?
Diese Frage kann man nur mit “Ja” beantworten. Nicht jeder Wirkstoff eignet sich in Tablettenform zur Verabreichung für jeden Menschen gleich gut. Kleine Kinder und ältere Menschen haben beispielsweise oft Probleme, Tabletten herunterzuschlucken. Sie verschlucken sich daran oder haben einen zu trockenen Mund. Bettlägerige, demente oder beatmungspflichtige Patienten sind ebenfalls von Problemen mit der Tabletteneinnahme betroffen. Es kann bei solchen Patienten passieren, dass sich die nur halb heruntergeschluckte Tablette bereits in der Speiseröhre auflöst. Daher ist eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme bei der Verabreichung von Tabletten und Dragees meist notwendig. In vielen Fällen, beispielsweise bei einem bettlägerigen Patienten, sollte die Tablette vor der Einnahme zerkleinert werden. Wahlweise können flüssige Verabreichungsformen in Tropfen- oder Saftform sowie leicht lösliche Pulverformen ratsam sein. Die Bedingung ist aber, dass der Wirkstoff überhaupt in solchen Darreichungsformen vorliegt. Nur bei homöopathischen Verabreichungen sollen sich die wirkstoffhaltigen Tabletten meist schon im Mund oder unter der Zunge auflösen.
Bei Brausetabletten erfolgt die Flüssigkeitsaufnahme meist zusammen mit dem Medikament. Hier ist lediglich zu beachten, dass bei zu geringer Flüssigkeitsmenge ein Säurestau in der Speiseröhre und der Magenregion entstehen kann. Außerdem sollte man solche Tabletten nur in stillem Wasser auflösen. Bei Mineralwasser sprudelt die Tablette so stark, dass die Hälfte des enthaltenen Wirkstoffes verloren gehen kann. Nicht medizinische Tabletten haben jeweils eigene Vorschriften zur Verwendung. Als Nachteil sehen viele Patienten auch die Einnahme von großen Tabletten an. Viele Antibiotika haben auffallend große Tablettenformen. Zerteilt man die Tablette, schmeckt sie oft sehr bitter und hat zudem scharfe Kanten.
Die eigentliche Tablettenherstellung
Tabletten werden häufig als Pulvermischung in der Direkt-Pressung hergestellt. Je nach Granulat und Ausgangssituation kann die Herstellung aber auch in Form einerFeuchtgranulierung, einer Wirbelschichtgranulierung oder einerTrockengranulierung geschehen. Aus wirtschaftlicher Sicht ist die Direkt-Pressung die beste und kostensparendste Herstellungsmethode. Sie ist aber leider nicht für alle Stoffe gleichermaßen geeignet. In diesem Fall bleiben dem Hersteller die anderen drei Herstellungsverfahren. Für alle Herstellungsformen sind gut zu verarbeitende Granulate erstrebenswert. Für bestimmte Pulvergemische kann nur das Feuchtgranulierungsverfahren gewählt werden. Hier stellt man aus den Wirk-, Begleit- und Füllstoffen der Tabletten eine Art Teig her. Dieser wird dann durch Siebe gepresst und anschließend getrocknet. Erst dann kann er granuliert und weiterverarbeitet werden. Im Grunde stellt auch die Wirbelschicht-Granulierung eine Form der Feuchtgranulierung dar.
Bei feuchtigkeitsempfindlichen Grundstoffen bleibt dem Hersteller nur die Trockengranulierung. Die so vorbereiteten Tablettenmischungen werden dann granuliert und anschließend in die passenden Pressformen eingepresst. Bei der Pressung der Tabletten kann eine Bruchrille oder ein Kreuz eingepresst werden, an denen die Tabletten zerteilt werden können. Ältere Menschen können für besonders kleine oder harte Tabletten einen Tablettenteiler nutzen. Zu unterscheiden sind die eingepressten Bruchrillen von eingepressten Buchstaben, Zeichen oder Kerben ohne Funktion. Symbole und Zierrillen dienen lediglich der besseren Unterscheidung zweier ähnlich aussehender Präparate.
Informationen über die Direkt-Tablettierung
Weiter oben wurde die Herstellungsweise der Direkt-Tablettierung bereits kurz skizziert. Wichtig ist hierfür, dass der pulverförmige Wirkstoff ohne weitere Behandlung verarbeitet werden kann. Dabei können gegebenenfalls Hilfsstoffe, Füllstoffe oder eingefärbte oder wohlschmeckende Überzüge eingesetzt werden. Leider eignen sich nicht allzu viele Grundsubstanzen zur preiswerten und leicht zu bewerkstelligenden Direktverarbeitung. Für die maschinelle Verarbeitung zu Presslingen muss beispielsweise eine gewisse Fließfähigkeit des Grundstoffs gegeben sein. Klebrige oder zu feuchte Substanzen eignen sich somit nicht. Eine weitere wichtige Eigenschaft ist die Bindefähigkeit des Wirkstoffs. Man hat die Erfahrung gemacht, dass sich bestimmte Kristallformen und grobe Pulver mit einer bestimmten Korngröße besser verarbeiten lassen als fein vermahlene Granulate. Eine minimale Restfeuchte der Grundsubstanzen und eine maschinelle Verarbeitung mit möglichst geringer Luftfeuchtigkeit sind ebenfalls unverzichtbar. Grundstoffe wie Kochsalz, Kaliumchlorid, Algen- und Pflanzenextrakte, Trockenextrakte, mikrokristalline Zellulose oder Zinksulfat lassen sich am besten direkt tablettieren.
Mit den zugesetzten Hilfsstoffen kann man ungünstige Substanzeigenschaften verbessern. Sowohl die Verarbeitung als auch die Eigenschaften der Tablette werden durch die Hilfsstoffe optimiert. Füllstoffe dienen der Verarbeitung relativ kleiner Wirkstoffmengen in einer Tablette. Damit diese nicht zu klein ausfällt, wird sie zwecks besserer Handhabbarkeit durch nicht medizinisch wirksame Füllstoffe vergrößert. Bei Hormon- oder Vitamintabletten setzt man z. B. Füllstoffe wie Laktose, Weizenstärke, Mais- oder Kartoffelstärke oder Süßstoffe wie Mannitol und Sorbitol ein. Bei Lutschtabletten kann auch Saccharose genommen werden.
Weitere Verarbeitungshilfen sind notwendig
Zur Herstellung von Tabletten sind außerdem Bindemittel, Gleitmittel, Sprengmitteloder Trennmittel notwendig. Mit den Bindemitten sorgt der Hersteller dafür, dass die Granulate den Wirkstoff einbinden und die Festigkeit der Tablette gewährleisten. Dafür ist ein bestimmter Pressdruck notwendig. Man nutzt unterschiedliche Arten von Bindemitteln für Tabletten. Am bekanntesten sind die Trockenbindemittel wie “mikrokristalline Cellulose” bzw. die verschiedenen Stärkearten, die oben genannt wurden. Außerdem werden Feuchtbindemittel bzw. geeignete Klebstoffe eingesetzt. In Frage kommen hier nur solche, die man problemlos verzehren kann – beispielsweise Gelatine, Reisstärke oder andere stärkehaltige Kleister sowie Cellulose-Ether oder Kollidon, ein lösliches oder nicht auflösbares Polyvinyl-Pyrrolidon.
Die sogenannten Sprengmittel sollen den Tabletten genügend Haltbarkeit geben, sodass sie sich erst im Magen- oder Darmtrakt auflösen. Man nennt sie daher auchZerfallsmittel. Sprengmittel können die Benetzbarkeit, die Gasentwicklung bei Brausetabletten oder die Quellkraft verbessern. Eingesetzt werden beispielsweise Magnesiumperoxid oder als Sprengmittel geeignete Stärkesorten. Gleitmittel nennt man die eingesetzten Fließstoffe, Schmiermittel und Formen-Trennstoffe, die Tabletten besser pressen oder verpacken lassen. Sie kleben dann beispielsweise nicht am Formenstempel oder dem Blister fest.
Für Dragees und mit einer Umhüllung überzogene Tabletten können eingefärbte Zuckerüberzüge oder Filmbildner eingesetzt werden. Fakt ist, dass viele Medikamente bitter, chemisch oder unangenehm schmecken würden, wenn man sie ohne Überzug beließe. Stumpfe oder bittere Granulate können in dragierter Form leichter geschluckt werden. Von den Zuckerbeschichtungen kommt man mittlerweile aus verschiedenen Gründen abgerückt. Filmtabletten werden solche Tabletten genannt, die nur einen dünnen Film als Überzug haben. Farbige oder weiße Überzüge und Prägestempel haben aber auch noch eine andere Funktion. Man erkennt ein Präparat an seiner spezifischen Form, seiner typischen Farbe und seinem Stempel bzw. Aussehen. Zugleich lassen sich dragierte Tabletten besser verpacken und einnehmen. Die Dragierung dient auch dazu, ein unappetitliches Aussehen der Inhaltsstoffe zu verdecken. Sie schützt den Wirkstoff allerdings auch vor Umwelteinflüssen. Weiterhin sorgt die Dragee-Umhüllung für eine verzögerte Freisetzung der Wirkstoffe.
Das Dragee als Spezialform der Tablette
Eine der Gefahren gezuckerter Dragee-Überzüge ist, dass die bunten Tabletten kleine Kinder zum Lutschen oder Herunterschlucken verleiten können. Daher hat man die Zuckerdragierung – eine der klassischen Drageeformen – mittlerweile zurückgefahren. Weitere Gründe waren die hohen Produktionskosten, die aufwendigen Herstellungsverfahren für eine mehrschichtige Dragierung und die Problematik der Standardisierung. Mittlerweile findet man die günstigere Filmtablette auf dem Vormarsch. Zu unterscheiden sind die Kaltdragierung bei Zimmertemperatur und die Warmdragierung mit erwärmtem Zuckersirup. Beide Herstellungsarten werden im rotierenden Dragier-Kessel ausgeführt. Bei diesem Vorgang muss der flüssige Überzug möglichst schnell getrocknet werden.
Pro Tablette können bis zu 50 Dragiervorgänge erforderlich sein. Dabei muss beachtet werden, dass die Tablette sich beim Dragieren nicht auflöst oder das Überzugsmittel aufsaugt. Die Tablette darf in der Rotationstrommel nicht zerbrechen oder zerbröseln. Erst der letzte Dragiervorgang ergibt eine eingefärbte Schicht. Nach dem Auftrag eines Glätt-Sirups wird jede Tablette mit Hilfe besonderer Trommeln unter Zusatz von Öl oder Wachs poliert. Die gestraffte Kurzform der Dragierung nennt man Schnell-Dragierung. Hier trägt man auf die Tabletten wenige Schichten bestimmter Emulsionen auf. Bei der Filmtablette begnügen sich die Hersteller von Tabletten mit einer durchgefärbten Schicht. Während bei der Dragierung die Form oder das Gewicht der Tablette mehr oder weniger stark beeinflusst werden, ist das bei der Filmtablette nicht der Fall.
Für den Überzug der Dragees kommen Überzugsmaterialien in Betracht, die bestimmte Eigenschaften haben oder funktionell wichtig sind. Neben chemischen Substanzen wie Cellulose und ihren Derivaten kommen auch Methacrylsäure-Copolymere oder Polyvinyl-Pyrrolidon sowie dessen Derivate zum Einsatz. Überzüge mit funktionellen Eigenschaften sind meist schnell lösliche Filmbildner wie Methylcellulose oder PVP, sowie magensaft- oder dünndarmlösliche Filmbildner, beispielsweise Schellack, Polyvinyl-Acetatphtalat und Hydroxpropyl-Methylcellulose-Phtalat. Außerdem werden gelegentlich auch unlösliche Filmbildner wie Ethylcellulose oder Methacrylsäure-Ester eingesetzt. Auch allen Filmbildnern werden bestimmte Hilfsstoffe wie Weichmacher oder Lebensmittelfarbstoffe zugesetzt.